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Berlinale – World Cinema Fund

World Cinema Fund: Indonesisches Drehbuch erhält Zusage für Produktionsförderung

 

Ende 2019 feierte der World Cinema Fund (WCF) sein 15-jähriges Bestehen. Gleichzeitig gab die WCF- Jury ihre neusten Förderzusagen in der Kategorie »Produktion« und »Verleih« bekannt. Auch ein indonesisches Filmprojekt gehörte zu den Auserwählten.

von Jörg Huhmann (JH) / InMaOn

 

 

Logo; Quelle: World Cinema Fund (WCF)

 

 

Eines der renommiertesten internationalen Filmfestivals der Welt feiert 2020 einen runden Geburtstag. Zum 70. Mal ist die Berlinale Treffpunkt für Zehntausende filmaffine Besucher aus aller Welt, an einem besonderen Ort der künstlerischen Auseinandersetzung und der Unterhaltung. Es sind 340 Filme ganz unterschiedlicher Genres im öffentlichen Programm. Ungewöhnlich diesmal – seit langer Zeit ist erstmals kein indonesischer Filmbeitrag darunter. Dafür konnte Indonesien in einem anderen Filmsegment punkten.

 

15 Jahre Word Cinema Fund

 

Auch eine andere Initiative feierte erst kürzlich Geburtstag, der World Cinema Fund (WCF), nicht so sehr im Fokus der Film-Öffentlichkeit stehend, aber seit Jahren fester Bestandteil der Internationalen Filmfestspiele in Berlin. Ende 2019 blickte der WCF, der sich für die Entwicklung des Weltkinos einsetzt, auf 15 Jahre erfolgreiche Jahre Fördertätigkeit zurück: 3.946 Einreichungen, 238 geförderte Projekte und unzählige Auszeichnungen. 

 

Der WCF entstand im Oktober 2004 als Initiativprojekt der Kulturstiftung des Bundes und der Berlinale, später in Zusammenarbeit mit dem Auswärtigen Amt und dem Goethe-Institut.

 

Es sind insbesondere zwei Aspekte, die für die Entstehung eine Rolle spielten: Unterstützung bei der Entwicklung und Förderung von Filmprojekten in Ländern, deren Filminfrastruktur noch wenig ausgebildet ist. Zum anderen Engagement zu zeigen für die zukünftige kulturelle Vielfalt in deutschen Kinos.

 

In relativ kurzer hat sich der WCF als Förderinstrument für anspruchsvolle Produktionen und als Initiative für internationale filmwirtschaftliche Kontakte etabliert. 

 

»Unsichtbare Realitäten aufdecken«

 

Talentierte Filmschaffende und weitgehend noch unbekannte Filme erhalten über den WCF die Möglichkeit, ein globales Publikum zu erreichen.

 

Mit Blick auf die Intention des World Cinema Fund formuliert es Vincenzo Bugno, Leiter des WCF, so: »Ziel ist es, unsichtbare Realitäten aufzudecken und eine große Anzahl von Filmemacher*innen mit kreativen Energien zu erreichen. Es geht darum, Kooperationen mit Filmschaffenden in den WCF-Regionen zu fördern und die dortige Filmindustrie nachhaltig zu entwickeln. Mit dem WCF in Kontakt zu treten, bedeutet, über Kino zu sprechen, sich mit Fiktion, dokumentarischen Formen und allem dazwischen auseinanderzusetzen. Der WCF befasst sich auch mit der Re-Kontextualisierung des Kinos und seiner Geografie. Es ist uns bewusst, dass der historische Kontext in den Förderregionen meist durch die Komplexität eines kolonialen Erbes gekennzeichnet ist. Die Förderung von Diversität und kultureller Vielfalt ist seit 15 Jahren in der DNA des WCF verankert.«

 

Vom WCF geförderte Filme können ohne Unterstützung nicht entstehen. An dieser Stelle setzt das innovative Fördermodell an. Es bietet Produktions- und Verleihförderung von Filmen, die mit einer ungewöhnlichen Ästhetik überraschen, starke Geschichten erzählen und ein authentisches Bild ihrer kulturellen Herkunft vermitteln.

 

Alle bisher geförderten und produzierten WCF-Filme liefen entweder im Kino oder in den Programmen renommierter internationaler Filmfestivals, manchmal auch in beiden Sparten. Darüber hinaus hat der WCF den Kinostart von weiteren Filmen mit besonderer künstlerischer Handschrift aus den Förderregionen unterstützt.

 

Schwerpunktregionen der Förderung sind Afrika, Lateinamerika und Karibik, der Mittlere Osten, Zentral- und Südostasien, der Kaukasus und die Länder Mongolei, Nepal, Bangladesch und Sri Lanka.

 

Drehbuch aus Indonesien wird ausgezeichnet

 

Auch Indonesien zählt zu den förderberechtigten Ländern. In den letzten 15 Jahren gab es 30 Anträge aus dem Land, wobei letztlich 3 Projekte ausgewählt wurden: Der Berlinale-Wettbewerbsfilm von 2012 Kebun binatang (Postcards From The Zoo) von Edwin, ausgezeichnet mit einer Verleihförderung sowie Jermal, von Ravi Bharwani (Weltpremiere 2008 auf dem Pusan Film Festival) und ganz aktuell Autobiography, von Makbul Mubarak, beides Filme mit einer Empfehlung für eine Produktionsförderung.

 

Laut WCF ist sowohl die Anzahl der Einreichungen aus Indonesien als auch die finale Auswahl von nur 3 Filmprojekten, bezogen auf das 15 jährige Bestehen des Fördermodells, nicht viel. Grundsätzlich ist es aber so, dass es zwar Schwerpunktregionen für eine Antragstellung gibt, Projekte aber nicht nach Regionen ausgewählt werden. Ausschlaggebend für die Würdigung und Förderung ist nur die künstlerische Identität des einzelnen Filmwerkes.

 

Eine Förderzusage für das letzte eingereichte indonesische Filmprojekt, ist noch nicht lange her. Auf der 31. WCF-Jurysitzung im November 2019 wurden die jüngsten Förder-Entscheidungen bekannt gegeben. 153 eingereichte Projekte aus 50 Ländern standen zur Auswahl. Insgesamt gab es 10 Zusagen, davon fünf in der Kategorie »WCF Classic« für Produktionsförderung.

 

Unter den Ausgewählten war auch der indonesische Beitrag Autobiography, der bereits 2019 auf dem »Talent Project Market« – einer Kooperation zwischen dem Berlinale Co-Production Market und Berlinale Talents – vorgestellt wurde. Das Segment richtet sich an Filmschaffende und Produzenten. Es bietet den Teilnehmern eine Einführung in den internationalen Markt, Zugang zu ausgewählten Finanziers und wertvolles Fachwissen, um ihre Filme zu umzusetzen. Ein idealer Treffpunkt zum Netzwerken, für die Anbahnung von Kooperationen und das Vorantreiben von Filmprojekten.

 

Ausgangspunkt für die Entscheidung einer WCF-Förderung ist grundsätzlich immer eine intensive Auseinandersetzung mit dem Medium Film. Das indonesische Team um Regisseur Makbul Mubarak und Produzentin Yulia Evina Bhara, von KawanKawan Media, hatte die WCF-Jury mit ihrem Projekt voll überzeugt – in Professionalität, künstlerischer Identität, Erzählweise und historischer Realität.

 

Zu der Förderstruktur des WCF sei gesagt, dass die administrativen Förderempfänger immer Produktionspartner mit Sitz in Deutschland sind. Das heißt: Bereits bei der Antragstellung von ausländischen Produzenten sollte bereits eine Kooperation mit einem deutschen Partner nachgewiesen werden. Dies kann jedoch auch nach Antragstellung erfolgen. Im Rahmen der Kooperation mit den Filmemachern und Produzenten ist der deutsche Partner verpflichtet, die Fördergelder in den Herkunftsregionen der Projekte einzusetzen.

 

Die WCF-geförderten Filme legen besonderen Wert auf diesen Aspekt der Kooperation, zwischen Produzenten und Regisseuren aus den förderberechtigen Ländern und den deutschen Partnern. Die deutschen Partnerunternehmen spielen – sowohl kulturpolitisch als auch ökonomisch – eine wichtige Rolle in der Struktur des WCF und tragen ihren Teil zu einer positiv verstandenen Globalisierung bei. Im Fall von Autobiography ist der deutsche WCF- Produktionspartner Niko Films.

 

Filmprojekt Autobiography von Makbul Mubarak (der Film ist noch in der Produktions-und Finanzierungsphase); Quelle: World Cinema Fund 

 

 

Fakten zu »Autobiography»

  

Ein inhaltlicher Kurzabriss des Filmprojektes:  

Erzählt wird die Geschichte des 18-jährigen Rakib, der in einer Bergregion der indonesischen Insel Java lebt. Er hadert mit seiner Zukunft. Rakib kümmert sich um den herrschaftlichen Wohnsitz einer Militärfamilie, der seine Familie seit Jahrhunderten dient.

 

Als der pensionierte Militärgeneral Purna, rechtmäßiger Erbe des Anwesens, zurück in sein Dorf kommt, ändert sich Rakibs Leben schlagartig. Purna möchte für die nächsten Kommunalwahlen im Ort kandidieren und für diesen Anlass ein propagandistisches Biopic über sich selbst drehen. Rakib soll dem Ex-Militär dabei helfen. Der »alte Purna« möchte das Rakib in dem Biopic den »jungen Purna« spielt.

 

Zwischen den beiden entwickelt sich eine sonderbare Beziehung. Rakib hilft bei Purnas Wahlkampfveranstaltungen und verbringt auch privat viel Zeit mit ihm. Purna schlüpft hier in die Rolle des Ersatzvaters für den jungen Mann, der zu ihm aufsieht und ihm loyal zur Seite steht. Für Purna ist Rakib eine Art Ersatzsohn, denn er hat nur drei Töchter. In seiner männerdominierten, patriarchalischen Gedankenwelt sieht er Rakib als einen Nachkommen, der einmal seinen Platz einnehmen könnte.

 

Eines Tages wird ein Kampagnenplakat Purnas beschädigt. Die Suche nach dem Verursacher löst eine Kette von zunehmend gewalttätigen und schrecklichen Ereignissen aus. 

  

Autobiography ist das erste Spielfilmprojekt von Makbul Mubarak mit einer sehr persönlichen Geschichte, über sein Heranwachsen unter dem indonesischen Suharto-Regime und die Beziehung zu seinem Vater in dieser Zeit. Produzentin Yulia Evina Bhara von KawanKawan Media hat bereits mehrere Filmprojekte umgesetzt.

 

Statement des Regisseurs:

 

»During the Indonesian military dictatorship, my father was a teacher in the stateowned school in our village. He was a timid man. He did only what the government wanted him to do. Even after the dictatorship had ended, my father still thought that things were better under the regime – that the solution for the problems in the present is to revert to the glorious past. Autobiography is my counterbalance to his idea.

Taking the form of a character-driven suspense drama, Autobiography portrays an intense relationship between two characters that embodies many elements: father and son, master and slave, old and young, military and civilian, past and present.«

 

Daten zum Film:

 

INDONESIEN

Regisseur: Makbul Mubarak

Produzenten: KawanKawan Media (Indonesia), Potocol

(Singapore), In Vivo Films (France), Niko Film (Germany)

Deutscher WCF Partner: Niko Film

Weltvertrieb: Les Films du Losange (France)

Förderzusage in der WCF Jury Sitzung im November 2019

Fördersumme: 40.000 €

 

  

 

Zusätzliche Informationen zum Filmprojekt:

 

Die Filmidee von Autobiography wurde bereits vor der WCF-Entscheidung im November 2019 in Berlin ausgezeichnet. Im August 2019 erhielt das Filmprojekt im Rahmen von »Open Doors« eine Förderung, um die Produktion voranzutreiben. »Open Doors« wird von der »Locarno Pro initiative« des Locarno Film Festivals organisiert und  zielt darauf ab, Regisseure und unabhängiges Filmemachen in Ländern des globalen Südens und Ostens zu unterstützen und zu präsentieren. Darüber hinaus trägt »Open Doors« zur Vielfalt der internationalen Kinoszene bei, indem es ein Forum für vielfältige Perspektiven und Debatten bietet.

 

Sehen Sie dazu ein kurzes Video mit Makbul Mubarak, unter locarno-open-doors-2019

 

Eine erste Einladung zur Projektvorstellung erfolgte schon 2017, zum »TorinoFilmLab«, einem ganzjährig geöffneten internationalen Labor, und Teil des Torino Film Festival. Hier stellen sich Talente aus aller Welt vor, unterstützt durch Schulungs-, Entwicklungs-, Produktions- und Vertriebsfinanzierungsaktivitäten. Die Plattform funktioniert ähnlich dem Segment »Berlinale Talents«.

 

Sehen Sie dazu auch das 8-minütige Video torino-lab-2017. 

 

Aktueller Stand des Projektes: Laut Aussagen des WCF während der Berlinale 2020 ist das Filmprojekt Autobiography noch nicht gedreht. Die Akteure befinden sich nach wie vor in der Produktions- und Finanzierungsphase.

 

Auch wenn Indonesien auf der Berlinale 2020 diesmal keinen Filmbeitrag im Publikumsprogramm präsentiert, so lässt sich abseits der öffentlichen Angebote wenigstens aus dem Bereich der Filmförderung positives vermelden. Vielleicht werden wir dafür in naher Zukunft einen fertigen Film Autobiography in einer der Berlinale-Sektionen wiedersehen. In jedem Fall sollte der aktuelle Förderentscheid auch angehenden Filmschaffenden Mut machen zukünftig mehr Filmkreationen einzureichen.

 


 

Weitere Hinweise

 

Filmschaffende, die an weiteren detaillierten Informationen zum Produktions-Fördermodell des WCF, Formularen zum Herunterladen und an Themen interessiert sind, die sich mit der Umsetzung eines Filmprojektes aus einer der Förderregionen beschäftigen – z. B. Indonesien – (Kategorie WCF-Classic), können dazu mehr unter berlinale-wcf-fund-production-support erfahren.

 

Fragen können auch an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! gerichtet werden. 

 

 

Berlinale-Bär; Bildquelle: Jörg Huhmann

 

 

 

 

Kategorie: Unterhaltung & Lebensstil